Projekte in Chile

Rettungszentrum für Meerestiere in Coquimbo

La Serena 5. Dezember 2023. Die Versorgung verletzter und kranker Wildtiere ist auch in Chile ein Problem. Für ihre Rehabilitation gibt es keine tragfähige Infrastruktur und keine finanziellen Regelungen. Sernapesca (Fischereibehörde) ist für die Bergung verletzter und kranker Meerestiere zuständig, nicht aber für ihre Versorgung. Früher gab es eine Rettungsstation für Tiere incl. Meerestiere am „Museum für Naturgeschichte und Geschichte“ in San Antonio, Zentralregion. José Brito und seine Mitarbeiter leisteten dort jahrelang gute und engagierte Arbeit. Sphenisco hat die Arbeit immer wieder z.B. durch den Kauf von Medikamenten unterstützt. Vor einiger Zeit wurde diese Rettungsstation geschlossen, die Gründe sind Sphenisco nicht bekannt.

Rettungsstation in Coquimbo
Aktuell gibt es eine kleine Rettungsstation mit zur Zeit 3 Pinguinen auf dem Gelände der Universität Católica del Norte (UCN) in Coquimbo. Sernapesca bringt Humboldt- und Magellan-Pinguine mit zahlreichen Einschränkungen dort unter. Da sie dort aber nicht gut versorgt werden können, ist die Behörde gezwungen, sie schnell an andere Rettungsstationen in Metropolregion oder der Region Rancagua weiterzugeben.
Betrieben wird die Station  auf der Basis eines Kooperationsvertrags zwischen der Universität Católica del Norte (UCN), der Stiftung Mundomar http://fundacionmundomar.cl/sitio/ und Sernapesca. Die Universität stellt Gehege und einige Betriebsmittel bereit, die Fundación Mundomar sollte geschultes Personal für Rehabilitation und tiermedizinische Beratungen einbringen. Aufgabe von Sernapesca war und ist es, verletzte Tiere zu bergen und sie in die Station zu bringen. Wegen finanzieller Probleme, die ihre Ursache in den Protesten im Oktober 2019 und der anschließenden Pandemie hatten, war die Mundomar-Stiftung nicht in der Lage, wie vereinbart Personal zur Verfügung zu stellen. So war Sernapesca - insbesondere Gerardo Cerda – gezwungen, die Tiere zu versorgen. Dies war ein ernsthaftes Problem, da die Behörde dafür weder zuständig noch vorbereitet war und die Pflege von Tieren und Gehege aufwändig ist. Die Verantwortlichen haben versucht, den Aufwand zu senken, indem sie Studierende höherer Semester der Veterinärmedizin und Meeresbiologie eingesetzt haben. Dies war aber nur zeitweilig möglich. Nachdem Sphenisco von diesem Problem erfuhr, hatte der Vorstand geprüft, ob Mittel für Unterbringung und Versorgung zur Verfügung gestellt werden können. Angesichts der zahlreichen und schwer zu durchschauenden Verflechtungen konnte der Vorstand sich nicht zu einer Unterstützung entschließen. Seither versorgt Sernapesca, vor allem Gerado Cerda, weiter die Tiere und bemüht sich, den Kooperationsvertrag mit Leben zu füllen und die Versorgung zu verbessern. Vor einigen Wochen legte die Fundación Mundomar Baupläne für ein neues Rettungszentrums auf dem Gelände der Universität vor. Die Kosten belaufen sich bei vollständiger Realisierung aller Bauphasen auf insgesamt rund 250.000 €.

Im November besichtigten Nancy Duman und Werner Knauf von Sphenisco das vorgesehene Baugelände (siehe Bilder) und erörterten mit Dr. Javier Sellanes L. (Sekretär für Umweltfragen der Fakultät für Meereswissenschaften) den Stand des Projektes "neues Rettungszentrum". Die Universität ist bereit, weiterhin Gelände und ggf. Wasser und Strom zur Verfügung zu stellen und sieht die Station als sinnvolle Ergänzung zu den bereits vorhandenen Meeresaquarien und der Ausstellung über das Meer in der Region. Werner Knauf erneuerte die Bereitschaft, ggf. Bau und Betrieb der Station zu unterstützen.

Buin Zoo und Fundación Mundomar
Einige Tage später trafen Nancy Duman und Werner Knauf im Buin Zoo, 30 Kilometer südlich von Santiago, Isabell Hernández, Tierärztin und Präsidentin von Mundomar und Guillermo Rodriguez, ihren Ehemann, ebenfalls Tierarzt. Die Eheleute sind Eigentümer von "Buin marino", einer Abteilung des Buin Zoos. Der Zoo ist privat und offensichtlich sehr beliebt. Beim Besuch von Sphenisco wimmelte es von Kindern und Schulklassen. https://www.buinzoo.cl. https://www.buinzoo.cl/evento/sin-categoria/buin-marino/

Isabell Hernández und Guillermo Rodriguez engagieren sich stark für Tierrettung, haben deshalb vor ungefähr 11 Jahren die gemeinnützige Fundación Mundomar gegründet. Die Stiftung unterhält im „Buin marino“ eine kleine Rettungsstation für 8 blinde Humboldt Pinguine. Finanziert wird die Station mit Spenden sowie Einnahmen aus dem Zoo. So versucht das engagierte Ehepaar, dem selbstgewählten Auftrag gerecht zu werden, Meerestiere durch Rehabilitation und Auswilderung zu retten. Diese Zielsetzung wird durch Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Ausbildung und Erziehung ergänzt. Getragen wird das Engagement von einem interdisziplinären Team von Tierärzten, Biologen, Technikern und Freiwilligen. http://fundacionmundomar.cl/sitio/.

Bei ihrem Besuch besichtigten Nancy Duman und Werner Knauf die Gehege im „Buin marino“ incl. der Station für blinde Pinguine (siehe Bilder). Die Vertreter von Sphenisco sind keine Experten für Tierhaltung und mit den Standarts in Südamerika nicht vertraut. Es ist daher schwer, die Haltung zu beurteilen. Beeindruckend war, dass Salzwasser angeboten und das Wasser vollständig wiederaufbereitet wird. Erstaunlich auch zu hören, dass Sardinen und Anchovis in den USA gekauft werden müssen, da die chilenische Fischerei ihren kompletten Fang zu Fischmehl verarbeitet. Die Gehege waren gepflegt, erschienen aber klein und wenig strukturiert. Stolz ist das Team in „Buin marino“ auf die Nachzucht von Humboldt Pinguinen. Es träumt davon, in einigen Jahren die Tiere auszuwildern. Den Einwand, dass dieser Plan angesichts der Situation in chilenischen Meeresregionen und der Tatsache, dass bisher keine einschlägigen Erfahrungen bei der Auswilderung von in menschlicher Obhut aufgewachsenen Pinguinen vorliegen, unrealistisch sein könnte, ließen Isabell Hernández und Guillermo Rodriguez nicht gelten.

Die Gehege der Seelöwen und Pinguine in „Buin marino“ können nicht besichtigt werden. Die Besucher sehen beide Tierarten in einer Vorstellung. Zum Entzücken von vor allem zahlreichen Kindern (bis zu 700) watschelten zwei Pinguine über die „Bühne“, schwammen mit hoher Geschwindigkeit durch ein recht großes einsehbares Becken, inklusive Sprünge im und aus dem Wasser. Das „Programm“ der Seelöwen war umfang- und detailreicher, löste ebenfalls Stürme der Begeisterung bei Jung und Alt aus. Die Tierpfleger animierten und belohnten die Tiere nicht nur, sondern gaben auch kurze Informationen zu den Tieren und ihren Besonderheiten.

Stolz ist das Team auf das Forschungsprojekt zu den blinden Humboldt Pinguinen. In Kooperation mit Universitäten wird nach den Ursachen der Erblindung gesucht. Gefunden wurde eine hohe Belastung mit Schwermetallen z.B. Quecksilber. Man geht davon aus, dass die schädlichen Schwermetalle mit der Nahrung aufgenommen werden.

Neue Rettungsstation in Coquimbo
Wie erwähnt kooperiert Mundomar mit der Universität Católica del Norte (UCN) und Sernapesca und plant, eine neue Station auf dem Gelände der Universität zu errichten. Um Kosten zu sparen, soll in Coquimbo das Wasser nicht aufwendig mit Salz angereichert, sondern Meerwasser genutzt werden. Der vorliegende Bauplan soll überarbeitet und in Etappen, je nach Kassenlage, realisiert werden.

Mundomar würde Sphenisco gerne als Partner gewinnen. Dabei sei ihnen das Engagenment von Sphenisco beim Einwerben von Spenden wichtiger als eine direkte finanzielle Unterstützung, betonten Isabell Hernández und Guillermo Rodriguez. Als nächstes wollen sie offene rechtliche Fragen mit der Universität klären sowie Finanzpläne für die erste Bauphase und die Unterhaltung der Station vorlegen.

Nach dem Besuch im Buin Zoo wurde bekannt, dass Sernpesca die Station bis auf Weiteres schließen will.

Die Errichtung bzw. die Unterhaltung einer Rettungsstation in der Region Coquimbo ist angesichts der bestehenden Probleme bei der Versorgung kranker und verletzter Meerestiere eine drängende und wichtige Aufgabe. Der Vorstand wird sich damit und dem Angebot von Mundomar zu kooperieren in den nächsten Wochen auseinandersetzen. Für Sphenisco ist das eine große, vielleicht zu große Herausforderung.

W.K.

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