Projekte in Chile

Neue Erkenntnisse zu Bestand, Bruterfolg und Nahrungssuche

Santiago, Landau 9. Juli 2023.

In den vergangenen Jahren haben die chilenischen und neuseeländischen Forscher Alejandro Simeone, Guillermo Luna, Ursula Ellenberg und Thomas Mattern im Auftrag von Sphenisco Untersuchungen zu Bestand, Bruterfolg und Nahrungssuche der Humboldt-Pinguine durchgeführt. Die umfangreichen und aufwendigen Forschungsarbeiten wurden von der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe, dem Freundeskreis des Tierparks Hagenbeck und dem Zoo Dresden finanziell gefördert. Unter dem Slogan „Forschung fürs Überleben“ wurde auf diesen Seiten wiederholt berichtet („Projekte Chile“, Juli 2022 und „News“, Februar 2023). Jetzt präsentieren die Forscher ihre Vorgehensweise und Ergebnisse im Abschlussbericht "Ermittlung der Population und des Nahrungssuchverhaltens von Humboldt-Pinguinen in Chile": „... Während der Brutsaisons 2021-2022 und 2022-2023 (Oktober bis Dezember) untersuchten wir die Brutpopulation des Humboldt-Pinguins (Spheniscus humboldti) auf 10 Inseln entlang der Küste von Nord-Zentral-Chile. Die Inseln unterscheiden sich stark in ihrer Fläche, von 3 ha (Islote Pájaro Niño) bis zu 516 ha (Chañaral), und in der Population, von 35 Brutpaaren (Islote Ramadas) bis zu 729 Brutpaaren (Isla Cachagua). Die Gesamtpopulation wurde auf 2.511 Brutpaare geschätzt.

Während der Saison 2021-2022 konnten wir die Brutzeit der Humboldt-Pinguine auf den Inseln Chañaral und Choros von November bis Februar kontinuierlich überwachen. Bei 40 überwachten Nestern auf Chañaral Insel haben wir eine Schlupferfolgsrate von 0,76 und eine Brut-Erfolgsrate von 1,03 flügge gewordenen Jungtieren pro Nest festgestellt. Auf Choros betrugen diese Werte jeweils 0,86 und 1,43. Aufgrund externer administrativer Probleme (Streik des CONAF-Personals) und des späteren Ausbruchs der Vogelgrippe in der Untersuchungsregion konnten wir für die Saison 2022-2023 nur die Schlupferfolgsrate für beide Kolonien ermitteln: 0,21 für Chañaral und 0,91 für Choros. Da die Überwachung im Dezember 2022 und Januar 2023 unterbrochen wurde, war es nicht möglich, den Brut-Erfolg in beiden Kolonien festzustellen.

Zwischen dem 14. und 21. Juni 2022 führten wir die erste Tracking-Studie an Humboldt-Pinguinen auf Choros mit Hilfe von GPS-Tauchloggern durch. Insgesamt wurden 12 Vögel auf Küken mit Geräten ausgestattet, die im Durchschnitt 4-7 Tage lang auf den Vögeln belassen wurden. Bei insgesamt 10 Einsätzen wurden Daten gewonnen; zwei Geräte konnten nicht geborgen werden. Während dieser Winterbrutsaison entfernten die Vögel sich durchschnittlich nicht weiter als 20 km von ihren Nistplätzen und führten etwa 390 Tauchgänge pro Jagdtrip durch; solche Trips dauerten im Schnitt 16 Stunden. Es zeichnete sich ein Muster ab, das darauf hindeutete, dass Pinguine, die auf der westlichen Seite der Insel brüteten, hauptsächlich nach Südwesten und damit pelagisch auf Nahrungssuche gingen. Pinguine von der östlichen Küste neigten dazu, in Küstennähe des Festlandes nach Nahrung zu suchen. Dieses Muster wurde während der Sommerbrutzeit (25. November bis 17. Dezember 2022) mit weiteren 13 GPS-Loggern und 6 zusätzlichen PenguCam-Kamera-Loggern weiter untersucht. Die daraus resultierenden Daten zur Nahrungssuche zeigten, dass das Gebiet im Südwesten ein wichtiger Ort zur Nahrungssuche für brütende Pinguine ist, betonten jedoch auch, dass die Nahrungssuche entlang der Festlandküste in Richtung Südwesten ebenso wichtig ist, wobei die Pinguine nahezu das Gebiet der aktuell geplanten Minenhäfen erreichten. Die PenguCam-Einsätze lieferten neue Einblicke in das Nahrungssuchverhalten, einschließlich kooperativer Nahrungssuche in großen Gruppen (50+) von Pinguinen.“

Alarmierende Zahlen zum Bestand, neue Daten zum Bruterfolg und erstmals zur Nahrungssuche. Humboldt-Pinguine nehmen Nahrung auf, die bislang nicht bekannt war. Die Pinguine jagen in anderer Meerestiefe als angenommen, sind allein unterwegs, aber auch in Gruppen von bis zu 50 Individuen (s. Video). Ein Verhalten, das zu einem viel höheren Risiko hinsichtlich der Beifangsterblichkeit führt. Der äußerst interessante Bericht wird Pinguinfreunden und Interessierten zur Lektüre ausdrücklich empfohlen. (Abschlussbericht.pdf)

Die Forscher und Sphenisco planen, das Projekt fortzusetzen. Dabei werden die vorliegenden Daten nützlich sein, Auswirkungen der grassierenden Vogelgrippe und eines neuen El Niño-Ereignisses auf Größe der Population, Bruterfolg und Nahrungsverhalten zu beleuchten. 

Die Forscher haben ihre Untersuchungen Gabriele Knauf gewidmet. Projektleiter Alejandro Simeone schreibt: “Große Unternehmen wie dieses Projekt beginnen normalerweise mit großen Träumen. Und wir danken Gabriele Knauf (1954-2023), der Gründerin und langjährigen Vorsitzenden von Sphenisco, für die Anregung und Unterstützung dieses Traums. Ihr Enthusiasmus, ihre Beharrlichkeit und ihr persönliches Engagement für die Erforschung und den Schutz des Humboldt-Pinguins waren stets ein entscheidender Faktor für den Erfolg dieses und vieler anderer Projekte in Chile und Peru. Wir widmen die Ergebnisse dieses Projekts und ihre zukünftige Anwendung ihrem Andenken.

W.K.

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