Zusammenfassung des Feldforschungsberichtes von Dr. Ursula Ellenberg und Maximiliano Daigre V.
Otago, Neuseeland, Santiago, Chile 9. Februar 2023.
Vom 25. November bis zum 17. Dezember 2022, arbeitete unser Team auf „Isla Choros“, einer der drei Inseln im Humboldt Pinguin National Schutzgebiet in Chile, um die Nahrungsökologie von Humboldt Pinguinen (Spheniscus humboldti) sowie ihre Verbreitung auf See zu erforschen. Die Forschung wurde von Maximiliano Daigre V. und Ursula Ellenberg durchgeführt. Karen Lau Alarcon half gelegentlich während der ersten Woche der Feldarbeiten.
(1) Während unseres Aufenthaltes auf der Insel kartierten wir 381 aktive Humboldt Pinguin Nester. Wie erwartet, aus Erfahrung in vorherigen Jahren, wurde die größte Nestdichte im Norden und Osten der Insel festgestellt. Verglichen mit den erwarteten Nestdichten basierend auf Dr. Ellenbergs Forschungsarbeiten im Schutzgebiet während der Sommer Brutsaisons 2001-2003, ist die Zahl an Pinguinen in den vergangenen 20 Jahren erheblich zurückgegangen.
(2) Die Nester der 12 während der Forschungsarbeiten im Winter markierten Pinguine (vergleiche Report der Feldarbeit im Juni 2022) wurden erneut aufgesucht. Wir fanden sieben der Versuchsnester aktiv und konnten in fünf Fällen nachweisen, dass der zugehörige markierte Vogel erneut einer der beiden Partner war. Dies ist der erste Nachweis, dass Humboldt Pinguine hier zweimal im Jahr brüten können.
(3) Während dieser Studie markierten wir weitere 16 Pinguine mit Transpondern (Trovan, 11mm). Von diesen wurden 13 Vögel (8 Weibchen und 5 Männchen) mit GPS Tauchloggern ausgerüstet (AxyTrek, TechnoSmart, Italy, https://www.technosmart.eu/). Die Geräte speichern die geographische Position (via GPS Antenne, einmal in der Minute) und Tauchdaten (via Drucksensor, jede Sekunde).
(4) Zusätzlich rüsteten wir 6 Pinguine (alles Weibchen) mit hoch-auflösenden Videokameras aus (PenguCam, New Zealand, https://pengu.cam/) in Kombination mit kleineren Tauchloggern (AxyDepth, TechnoSmart, Italy, https://www.technosmart.eu/). Drei der Vögel wurden beim Entfernen der PenguCam mit einem GPS Logger versehen, die restlichen drei wurden nach Bergung der PenguCams ohne Logger wieder freigelassen; in einem Nest war der Zugang zu schwierig für ein sinnvolles Einsetzen eines GPS Loggers, von der Ausrüstung der beiden anderen Vögel wurde abgesehen, als uns bekannt wurde, dass die Vogelgrippe nun auch in Chile ausgebrochen war, und wir uns auf eine mögliche schnelle Abreise von der Insel vorbereiten sollten.
(5) Zwölf Vögel (7 Weibchen, 5 Männchen) brachten gute GPS- und Tauchdaten wieder und alle sechs PenguCams konnten mit Video und zugehörigen Tauchdaten geborgen werden. Daraus resultierende Daten umfassen 736 Stunden auf See verteilt auf 41 Tagestouren, zwei Übernachttouren und einem kurzen Abendausflug (38 von GPS Loggern, 6 von PenguCam/Tauchloggern). Insgesamt wurden 16.562 GPS Positionen wie auch 24.320 Tauchgänge registriert. Einige Vögel erreichten Tauchtiefen von bis zu 100m, die meisten Pinguine aber tauchten weniger tief (Median maximale Tauchtiefe 65m) und verbrachten einen Grossteil ihrer Nahrungssuche oberflächennah. Die Vögel erreichten horizontale Reisegeschwindigkeiten von 1m/s und legten im Durchschnitt 43.9km während eines Beutezuges zurück. Der Fokus der Nahrungssuche fand im Umkreis von 10km von der Insel statt, auch wenn einige Vögel sich bis zu 30km von der Insel entfernten. Diese relativ geringen Distanzen können wahrscheinlich auf das während La Niña extrem produktive Meeresgebiet direkt um die Insel zurückgeführt werden.
(6) Die sechs Videologger wurden alle erfolgreich geborgen und lieferten insgesamt 23,5h Material, das derzeit noch ausgewertet wird. Erste Sichtungen zeigen, dass obwohl Pinguine oft solitär, pelagisch und oberflächennah nach Fischlarven, kleinen Fischen und Kalmaren jagten, arbeiteten drei der Vögel mit gelegentlich über 50 Artgenossen zusammen, um benthische Schwarmfische zu jagen. Dieses Verhalten ist bislang noch nicht beobachtet worden und erhöht das Beifangrisiko erheblich: Ein einziges Stellnetz könnte somit eine ganze Gruppe gemeinsam jagender Pinguine auf einmal fangen.
(7) Ein Weibchen wurde am 10. Dezember mit einem GPS Logger ausgerüstet und zuletzt auf Überwachungskamera beobachtet, wie sie ihr Nest mit zwei wohlgenährten Küken am 12 Dezember verlässt. Sie wurde danach bis zum letzten Nestcheck am 17. Dezember nicht wieder gesichtet. Es ist unwahrscheinlich, dass ein erfolgreich brütender Altvogel mit kleinen Küken, der alternierend mit Partner Tagestouren unternahm (Überwachungskamera am Nest seit 4. Dezember), auf einmal eine Exkursion von über 5 Tagen antritt, insbesondere bei den augenscheinlich guten Nahrungsbedingungen direkt um die Insel. Daher muss davon ausgegangen werden, dass der Loggervogel verstarb. Lokale Algensammler und Fischer wie auch CONAF wurden informiert falls der Vogel irgendwo aus einem Netz geborgen oder angetrieben wird.
(8) Im Anhang findet sich (A) eine Tabelle mit den bislang 28 Humboldt Pinguinen, die auf Isla Choros makiert wurden; (B) ein zusammenfassender Überblick von Tauchparametern; (C) Liste aller beobachteten Vögel; und (D) Beobachtung einer Vampirfledermaus, wie sie ein aktives Humboldt Pinguin Nest mit zwei Küken auskundschaftet.
Dr. Ursula Ellenberg und Maximiliano Daigre V.
Anm.
(1) Die Zusammenfassung wurde dem Feldforschungsbericht „Tracking Humboldt penguins on Isla Choros Reserva Nacional Pingüino de Humboldt, Chile“ (Beobachtung von Humboldt-Pinguinen auf der Isla Choros, Reserva Nacional Pingüino de Humboldt, Chile) von Dr. Ursula Ellenberg, Global Penguin Society/Tawaki Trust/University of Otago, Neuseeland und Maximiliano Daigre V. Universidad Andrés Bello, Santiago, Chile entnommen.
Vollständiger Bericht siehe PDF-Datei.
(2) Das Projekt "Forschen für das Überleben" wird von der Stiftung Artenschutz Karlsruhe, dem Zoo Dresden und dem Freundeskreis des Tierparks Hagenbeck e.V. gefördert.“
