Projekte in Chile

Forschung fürs Überleben

Landau 4. Juni 2021.

Wie viele Humboldt-Pinguine gibt es noch in Chile? Brüten sie erfolgreich? Wo finden sie genug Futter? Offene Fragen, die entscheidend für das Überleben dieser Pinguinart sind.

2019 appellierte die Conservation Planning Specialist Group (CPSG) der IUCN an Forscher, so wesentlichen Fragen nachzugehen und diese Wissenslücken zu schließen. Mit renomierten chilenischen und neuseeländischen Forschern plant SPHENISCO ein insgesamt 6-jähriges Forschungsprojekt. Dr. Alejandro Simeone (Universität Andrés Bello, Santiago) wird Zählungen auf den 8 wichtigsten Brutinseln in Chile durchführen, Dr. Guillermo Luna (Universität Católica del Norte, Coquimbo) den Bruterfolg auf den Inseln Chañaral und Choros untersuchen und das Forscherpaar Dr. Ellenberg und Dr. Mattern (NZ Penguin Initiative, Universität von Otago, Dunedin, Neuseeland) Daten zur Nahrungssuche erheben. Gefördert wird das Forschungsvorhaben von der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe, vom Zoo Dresden und von den Freunden des Tierparks Hagenbeck in Hamburg.

Humboldt-Pinguine sind durch Faktoren wie Überfischung, Klimaveränderungen, Beifang der handwerklichen Fischerei, direkte Bejagung, Guanoabbau, Sammeln von Eiern und Meeresverschmutzung in ihrem Bestand bedroht. Diese Aktivitäten reduzieren die Verfügbarkeit von Brutgebieten, verringern den Bruterfolg oder verursachen direkt den Tod von Pinguinen. Deshalb wird der Humboldt-Pinguin seit Jahren von der IUCN als gefährdet eingestuft.

Im Zeitraum von 1999 bis 2008 war die Humboldt-Pinguin-Population mit einem Bestand von rund 33.000 Tieren in Chile relativ stabil. Eine neuere Studie von 2017 deutet jedoch darauf hin, dass der Bestand auf bis zu 10.000 Vögel gesunken sein könnte. Analyse und Bewertung dieses (möglichen) Trends ist schwierig, da die Daten der letzten Jahrzehnten mit erheblichen methodischen Mängeln behaftet sind. Weder die Auswahl der Brutplätze, noch die Art der Zählungen (während der Mauser versus während der Brut) waren ausreichend stringent. Es ist deshalb unklar, worauf der mögliche Rückgang im letzten Jahrzehnt zurückzuführen ist. Spiegelt er Populationsschwankungen wieder oder ist er auf methodische Mängel zurückzuführen?

Über Jagdgründe, Nahrungsspektrum und Tauchverhalten der Humboldt-Pinguine gibt es bis jetzt kaum Daten. Dabei wäre ein besseres Verständnis der marinen Ökologie für das Überleben dieser Pinguinart unerlässlich, verbringt sie doch bis zu 80% ihres Lebens im Meer.

In dem Projekt „Entschlüsselung der Populationsgröße und des Futtersuchverhaltens von Humboldt-Pinguinen in Chile“ sollen mit 3 koordinierten Studien zuverlässige Daten zur Populationsgröße, zum Bruterfolg und zum Futtersuchverhaltens erhoben werden. Finanziert werden die Forschungen von der Artenschutzstiftung Zoo Karlsruhe, dem Zoo Dresden und den Freunden des Tierparks Hagenbeck.

Census (Dr. Alejandro Simeone, Universität Andrés Bello, Santiago)
Im Abstand von 2 Jahren wird in den 8 wichtigsten Kolonien (entspricht 80–90 % der chilenischen Population) jeweils im November und Dezember die Brutpopulation gezählt. Dabei sollen auch anderer nistende Seevögel wie z.B. peruanische Tölpel, peruanische Pelikane, neotropische und Guanay-Kormorane, Seemöwen erfasst werden.

Überwachung des Bruterfolgs (Dr. Guillermo Luna, Universität Católica del Norte, Coquimbo)
Das Monitoring findet auf den beiden wichtigsten Brutinseln - Chañaral und Choros – statt. Beide Inseln gehören zum Humboldt-Pinguin-Nationalreservat. Es werden Daten wie Zeitpunkt der Paarung, Eiablage, Schlüpfen und Flüggewerden sowie der Bruterfolg erhoben. Mit den Daten können Brutausfälle aufgrund natürlicher Ereignisse bzw. menschlicher Eingriffe erkannt werden.

Während der Brutsaison (Anfang November bis Mitte Januar) werden die beiden Inseln Choros alle 2 Wochen aufgesucht. Bei jedem Termin werden Anzahl der Eier, der Küken, der toten Küken sowie der flügge gewordenen Vögel registriert. Anhand dieser Daten werden durchschnittliche Gelegegröße, Schlupfrate und der durchschnittliche Bruterfolg berechnet.

Nahrungssuche (Dr. Thomas Mattern, Dr. Ursula Ellenberg, NZ Penguin Initiative, Universität von Otago, Dunedin)
Die neuseeländischen Wissenschaftler haben die Forschung mit GPS-Loggern sowie Unterwasserkameras weiterentwickelt und so die Erforschung des Verhalten von Meeresvögeln auf See erst möglich gemacht. Untersucht wird das Verhalten der Humboldt-Pinguine während der Aufzucht der Küken und in der Zeit vor der Mauser. Beide Perioden sind von entscheidender Bedeutung, da das Überleben der erwachsenen Tiere und die Erhaltung der Art (Bruterfolg) letztlich von der Fähigkeit abhängt, ausreichend und angemessenes Futter zu finden.

Die Untersuchungen werden jeweils im Dezember und Januar auf den Inseln Chañaral und Choros (Humboldt Penguin National Reserve) durchzuführt. Untersucht werden sowohl Pinguine, die Küken aufziehen, als auch Vögel, die die Aufzucht abgeschlossen haben und sich auf die jährliche Mauser vorbereiten.

Die Messungen werden präzise und detaillierte Informationen über Position und Tauchverhalten der Vögel sowie umgebende Wassertemperatur liefern. In Kombination mit satellitengestützten ozeanographischen Daten kann dann das Verhalten der Pinguine im ökologischen Kontext analysiert werden. Zusätzlich werden die Tiere mit neuartigen Kamera-Logger ausgestattet. Die Forscher schauen den Pinguinen bei der Futtersuche sozusagen über die Schulter, um Erkenntnisse über Jagdstrategien, Jagderfolg und aufgenommenen Beutearten zu dokumentieren.
(s. Forschung bei Gelbaugenpinguinen). Die GPS- und Tauchdaten werden helfen, wichtige Meereszonen zu identifizieren, in den die Pinguine Nahrung finden, und so Informationen für Meeresplanungen liefern.

Eigentlich sollte das Projekt schon im November 2020 beginnen. Die Pandemie ließ leider damals Reisen in und nach Chile nicht zu. Jetzt ist geplant im November mit den Forschungsarbeiten zu beginnen.

Gabriele & Werner Knauf haben die Forscher Dr. Simeone, Dr. Ellenberg und Dr. Mattern zu ihren Plänen befragt und die Interviews im Film „Forschung fürs Überleben“ (15 Min.) dokumentiert (siehe Vimeo).

W.K.

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